Dienstag, 22. Mai 2018

Ils ont changé ma chanson / Swing tanzen verboten.



Café Swing, Nollendorfplatz © Kai von Kröcher, 1995

Café Swing, Nollendorfplatz © Kai von Kröcher, 1995








"Die Angehörigen der Swing-Jugend stehen dem heutigen Deutschland und seiner Polizei, der Partei und ihren Gliederungen, der HJ, dem Arbeits- und Wehrdienst, samt dem Kriegsgeschehen ablehnend oder zumindest uninteressiert gegenüber. Sie empfinden die nationalsozialistischen Einrichtungen als einen ‚Massenzwang‘. Das große Geschehen der Zeit rührt sie nicht, im Gegenteil, sie schwärmen für alles, was nicht deutsch, sondern englisch ist. Dies gilt es mit aller uns zur Verfügung stehender Macht zu unterbinden." +++ Sieht aus, als hätte die Frau mit den Strähnen eine Pistole in der Hand. Waren gefährliche Zeiten, damals. +++ Neben dem Tresen im Swing hing eine Postkarte mit so 'ner Naziparole in Frakturschrift: "Swing tanzen verboten!" Und unten im U-Bahnhof Nollendorfplatz hing an der Einfahrt zum Tunnel ein altes Emailleschild, ebenfalls in Fraktur – das hatte sicherlich irgendwann mal ein nationalsozialistischer Bahnhofsvorsteher dort angeschraubt: "Stehenbleiben verboten!" +++ Bahnhofsversteher. +++ Ich glaube, manche Bilder lässt man besser einfach alleine für sich stehen; das ungefähr hatte Melanie sich seinerzeit wohl auch so gedacht: What have they done to my song?! +++ Das Dia heute hatte ich neulich irgendwo zwischen Bergen von Kreuzberg-Lichtbildern gefunden. An den Moment selbst erinnere ich mich nur vage. Heute beherbergt das Café Swing eine Filiale der Sparkasse. Oder besser gesagt: Die Sparkasse ist rechts nebenan, wo früher die schrammlige Pizzeria drin war. Im Swing selbst ist jetzt irgendwas anderes, eine Apotheke oder ein Reisebüro.

Überschrift inspired by: What Have They Done To My Song Ma © Melanie, 1970
Überschrift also inspired by: Swing tanzen verboten
Zitat: aus einem Bericht der Reichsjugendführung im III. Reich

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